Vor dem Hintergrund eines in alle Lebensbereiche einwirkenden Strukturwandels, der durch digitale, ökologische und damit auch soziale Transformationsprozesse bestimmt wird, kommt der Weiterbildung und damit der Weiterbildungsberatung als vorgelagertem und begleitendem Instrument eine immer stärker werdende Bedeutung zu. Hierbei haben insbesondere digitale Formate und Tools inzwischen die Beratungswelt erobert. Diese individuell auf die Bedürfnisse und Lebenssituationen der Ratsuchenden anzuwenden, birgt neue Anforderungen und Chancen zugleich.
Die aktuelle Ausgabe der ARD/ZDF-Onlinestudie aus dem Jahr 2022 hat ergeben, dass 80 % der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren täglich das Internet nutzen; das entspricht annähernd 57 Millionen Personen in Deutschland. Diese Nutzung umfasst Videos, Mediatheken, Nachrichten, Musikstreaming, Podcasts, Social Media, Chats oder Ähnliches. Die Tagesreichweite der medialen Internetnutzung ist hierbei weiter angestiegen. Durchschnittlich werden pro Tag mehr als zweieinhalb Stunden Medieninhalte über das Internet genutzt. Jüngere verbringen fast fünf Stunden mit medialen Internetinhalten, ab 70-Jährige nur eine gute dreiviertel Stunde. Dabei fällt auf, dass Messengerdienste und andere digitale Anwendungen zunehmend eine hohe Nutzung erfahren.
Zumindest gelegentlich nutzen 95 % der Menschen in Deutschland das Internet, also 67 Millionen Menschen. Bei den Personen ab 70 Jahren fällt besonders die große Dynamik auf: 2018 nutzten 29 % das Internet täglich, 2022 sind es 51 %. 2022 umfasste die Gruppe der Offliner in Deutschland nur noch 3,6 % – größtenteils ab 70-Jährige und mehrheitlich Frauen. (Vgl. Beisch & Koch 2022)
Abbildung 1: ARD|ZDF-Onlinestudie 2022, Artikel von Natalie Beisch u. Wolfgang Koch, Tabelle 2
Abbildung 2: ARD|ZDF-Onlinestudie 2022, Artikel von Natalie Beisch u. Wolfgang Koch, Tabelle 4
Längst haben also digitale Technologien an Arbeitsplätzen und in privaten Haushalten Einzug gehalten. Um mit der digitalen Transformation Schritt halten zu können, benötigen Arbeitnehmer*innen und Privatpersonen sowie Berater*innen in der Erwachsenenbildung immer ausgeprägtere digitale Kompetenzen und Qualifikationen. Seit jeher ist die professionelle Beratung bemüht, Ratsuchende dort abzuholen, wo sie sich befinden. Mittlerweile sind sie oft online. Dort soll sie die Beratung auch abholen, um beispielsweise passende Qualifizierungsangebote mit Ratsuchenden auszuwählen und um die Weiterbildung zu begleiten.
Das Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung Baden-Württemberg (LN WBB) ist aus dem Bündnis für Lebenslanges Lernen (BLLL) hervorgegangen. Mit dem BLLL hat die Landesregierung rund 40 Partner*innen aus der allgemeinen, beruflichen und wissenschaftlichen Bildung eng verzahnt, um die Erwachsenenbildung im Land zu stärken. Das LN WBB geht auf eine Empfehlung der Enquetekommission des Landtags mit dem Titel „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ zurück. Zwischen 2012 und 2014 wurde das Landesnetzwerk mit Fördermitteln des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg konzipiert und aufgebaut. Federführend war hierbei der Träger der Koordinationsstelle des LN WBB, der Volkshochschulverband Baden-Württemberg e. V., in Kooperation mit dem Institut für Bildungswissenschaft der Universität Heidelberg.
Im Januar 2015 hat das Landesnetzwerk seine Arbeit aufgenommen. Gute Beratung im Bereich der allgemeinen, beruflichen und wissenschaftlichen Weiterbildung – dieses Ziel verfolgen die Mitgliedseinrichtungen des Netzwerks. Seitdem können sich Ratsuchende im Rahmen des LN WBB professionell in ganz Baden-Württemberg kostenfrei, trägerneutral und anonym rund um das Thema Weiterbildung beraten lassen.
Die Koordinationsstelle des LN WBB hat u. a. den Auftrag, die Digitalisierung von Bildungsberatung für die beratenden Mitgliedseinrichtungen auszubauen und somit neben der Vor-Ort-Beratung eine modulare Onlineberatung für die verschiedenen Bedarfe der unterschiedlichen Zielgruppen zu gewährleisten. So sollen beispielsweise Ratsuchenden im ländlichen Raum und bildungsfernen Ratsuchenden niederschwellig Beratungen zugängig gemacht werden.
Bei den folgenden Ausführungen fließen Rückmeldungen aus den beratenden Mitgliedseinrichtungen an die Koordinationsstelle des LN WBB zu Erfahrungen aus digital oder in Präsenz durchgeführten anonymen Beratungen im Beratungsalltag ein.
In der Weiterbildungsberatung gibt es verschiedene neue Formate, die neben der Präsenzberatung durch den Einsatz von Technologie und digitalen Tools ermöglicht werden. Hierzu zählt Onlineberatung. Sie schließt sämtliche Formen der Beratung ein, die auf die Infrastruktur des Internets angewiesen sind, um den Prozess der Beratung zu gestalten. Durch die Nutzung von Video/Audio-Konferenz- und Chat-Tools können Beratungsgespräche online stattfinden. Dies ermöglicht eine flexible Terminvereinbarung und den Zugang zu Beraterinnen und Beratern unabhängig von geografischen Standorten. Des Weiteren können Berater*innen E-Learning-Plattformen nutzen, um lernenden Ratsuchenden Empfehlungen zu geben und ihren Fortschritt zu begleiten. Mobile Apps ermöglichen den Zugriff auf Lerninhalte und -ressourcen, beispielsweise über Smartphones und Tablets. Berater*innen können hier Ratsuchenden Apps empfehlen, die ihnen helfen, ihre Lernziele zu erreichen und ihren Fortschritt zu verfolgen. Auch Virtual Reality- (VR) und Augmented Reality (AR)-Technologien ermöglichen es Lernenden, in virtuellen Umgebungen zu interagieren und praktische Erfahrungen zu sammeln. Berater*innen können diese Technologien nutzen, um Ratsuchenden unter den Lernenden realitätsnahe Einblicke in bestimmte Berufsfelder oder Situationen zu geben. Auf Social-Media-Plattformen können Berater*innen soziale Medien nutzen, um mit potenziellen Ratsuchenden und Communities in Kontakt zu treten, Informationen zu teilen und Diskussionen zu fördern. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Unterstützung und den Austausch von Erfahrungen. Diese neuen Formate in der Weiterbildungsberatung bieten Beratenden und Ratsuchenden mehr Flexibilität, Individualisierung und Zugänglichkeit zu niederschwelligen Beratungsangeboten.
Die Beurteilung im Besonderen von Onlineberatung im Rahmen der Weiterbildungsberatung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hier sind einige Aspekte, die bei der Beurteilung berücksichtigt werden können, zu nennen. Zugänglichkeit und Flexibilität: Onlineberatung ermöglicht es den Ratsuchenden, unabhängig von ihrem Standort auf Beratungsdienste zuzugreifen. Dies kann insbesondere für Menschen in ländlichen Gebieten oder mit eingeschränkter Mobilität von Vorteil sein. Die Flexibilität, Beratungstermine online zu vereinbaren, kann auch für Berufstätige oder Menschen mit knappen zeitlichen Ressourcen attraktiv sein. Persönlicher Kontakt und Vertrauen: Einige Menschen bevorzugen den persönlichen Kontakt und die direkte Interaktion mit einem Beratenden. In der Onlineberatung kann es schwieriger sein, eine persönliche Beziehung aufzubauen und das Vertrauen zwischen Beratendem und dem Ratsuchenden zu stärken. Hierbei können Video- und Audiotelefonie in der Onlineberatung unterstützen. Technische Herausforderungen: Onlineberatung erfordert eine zuverlässige, stabile Internetverbindung und den Einsatz von Videokonferenz- oder Chat-Tools. Technische Probleme wie Verbindungsabbrüche oder schlechte Audio- und Videoqualität können die Beratung beeinträchtigen. Datenschutz und Vertraulichkeit: Es ist wichtig, dass Privatsphäre und Vertraulichkeit der Ratsuchenden gewahrt bleiben. Es muss gewährleistet sein, dass die verwendeten Kommunikationskanäle sicher sind und die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden. Effektivität der Beratung: Die Effektivität der Onlineberatung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Kompetenz und Erfahrung des Beratenden, der Qualität der Kommunikation und der Fähigkeit, die Bedürfnisse und Ziele des Ratsuchenden zu verstehen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Onlineberatung die gleiche Qualität und Wirksamkeit wie eine analoge oder Präsenzberatung erhält.
Beratende der Erwachsenenbildung benötigen bestimmte Kompetenzen, um Onlineberatung effektiv und effizient durchführen zu können. Hierzu zählen die folgenden wichtigen Kompetenzen:
Beratende sollen über grundlegende technische Fähigkeiten verfügen, um die erforderlichen Tools und Plattformen für die Onlineberatung nutzen zu können. Dazu gehören Kenntnisse über Videokonferenzsysteme, Chat-Tools, Messengerdienste, E-Mail und andere Kommunikationstechnologien.
Onlineberatung erfordert Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, da Beratende auf Ratsuchende und deren individuelle Bedürfnisse und Herausforderungen treffen. Sie sollten in der Lage sein, sich auf unterschiedliche Situationen einzustellen und ihre Beratungsstrategien entsprechend anzupassen. Hierbei unterstützen Kompetenzen wie Selbstorganisation und Zeitmanagement die Beratenden bei der Koordination von Beratungen.
Da die Onlineberatung hauptsächlich über schriftliche oder mündliche Kommunikation erfolgt, müssen Beratende über ausgezeichnete Kommunikationsfähigkeiten verfügen. Sie sollten in der Lage sein, klare und präzise Informationen zu vermitteln und auf die Bedürfnisse und Fragen der Ratsuchenden angemessen zu reagieren.
Beratende sollten in der Lage sein, Empathie zu zeigen, emotionale Signale zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren, auch wenn sie nicht persönlich anwesend sind.
Beratende müssen sich der Datenschutzbestimmungen und -richtlinien bewusst sein und diese in ihren Beratungen umsetzen. Sie sollten in der Lage sein, angemessene Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um die Kommunikation mit den Daten der Ratsuchenden zu schützen und somit die Vertraulichkeit von Beratungsgesprächen zu gewährleisten.
Beratende, die Onlineberatung in der Erwachsenenbildung durchführen möchten, sollten über bestimmte Qualifikationen zu den genannten Kompetenzen verfügen. Sie sollten die Bereitschaft mitbringen, sich kontinuierlich weiter- und fortzubilden, um ihre Fähigkeiten und Kenntnisse in der Onlineberatung auf dem neuesten Stand zu halten.
Die Onlineberatung in der Erwachsenenbildung bietet auch für die Beratenden einige Vorteile. Sie ermöglicht einen erweiterten Zugang zu Zielgruppen. Durch die Onlineberatung können Beratende Menschen erreichen, die möglicherweise aufgrund von Entfernungen, Zeitbeschränkungen oder anderen Verpflichtungen nicht in der Lage sind, persönlich zu erscheinen. Dies ermöglicht es den Beratenden, ihren Service einem breiteren Publikum anzubieten und mehr Menschen zu unterstützen.
Onlineberatung ermöglicht es Beratenden, flexiblere Terminoptionen anzubieten, und stärkt somit die Flexibilität bei der Terminplanung von Beratungsanfragen. Da keine Reisezeiten oder räumliche Einschränkungen vorhanden sind, können Beratende ihre Termine besser an die Bedürfnisse der Ratsuchenden anpassen. Dies kann für beide Seiten von Vorteil sein.
Onlineberatung erfordert keine physischen Räume und generiert keine Reisekosten, was zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen führt. Beratende können ihre Zeit und Energie besser auf die Beratung selbst konzentrieren, anstatt sich um logistische Aspekte zu kümmern.
Die Onlineberatung eröffnet Beratenden die Möglichkeit, verschiedene Technologien und Tools zu nutzen, um die Beratungserfahrung zu verbessern. Dies kann beispielsweise die Verwendung von Bildschirmfreigabe, Onlineumfragen oder interaktiven Materialien umfassen. Die Integration von Technologie kann die Beratung effektiver und interaktiver gestalten.
Die Onlineberatung erfordert von den Beratenden zusätzliche Fähigkeiten und Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Kommunikationstools. Durch die Auseinandersetzung mit diesen neuen Technologien können Beratende ihre eigenen Fähigkeiten erweitern und ihre digitalen Kompetenzen weiterentwickeln.
Die Onlineberatung bietet viele Vorteile. Aber es gibt auch einige potenzielle Nachteile, die berücksichtigt werden sollten.
Im Gegensatz zur persönlichen Beratung fehlt bei der Onlineberatung der direkte Kontakt zwischen der/dem Berater*in und der oder dem Ratsuchenden. Dies kann dazu führen, dass die oder der Ratsuchende Schwierigkeiten hat, eine persönliche Beziehung aufzubauen.
Onlineberatung erfordert eine zuverlässige Internetverbindung und den Einsatz von Videokonferenz- oder Chat-Tools. Technische Probleme wie Verbindungsabbrüche, schlechte Audio- und Videoqualität oder Schwierigkeiten bei der Bedienung der Tools können die Beratungserfahrung beeinträchtigen. Dies kann durch den Umstieg auf ein alternatives Tool während der Beratung behoben werden.
Bei der Onlineberatung gehen nonverbale Signale wie Körpersprache, Mimik und Gestik möglicherweise verloren oder sind schwerer zu interpretieren. Dies kann die Kommunikation und das Verständnis zwischen der/dem Berater*in und der/dem Ratsuchenden beeinträchtigen. Hierbei kann der Einsatz von Videotelefonie unterstützen.
Das Angebot von Onlineberatung in der Erwachsenenbildung kann beispielsweise Zielgruppen erreichen, die in Präsenz weniger gut ansprech- oder erreichbar sind und somit besonders von der Onlineberatung profitieren können.
Berufstätige Erwachsene haben oft wenig Zeit und Flexibilität, um an Präsenzberatungen teilzunehmen. Die Onlineberatung ermöglicht es ihnen, von zu Hause oder vom Arbeitsplatz aus auf Beratungsangebote zuzugreifen, ohne dass sie ihre Arbeitszeiten oder ihre Mobilität einschränken müssen.
Fernstudierende sind oft auf sich allein gestellt und haben begrenzten Zugang zu persönlicher Beratung. Die Onlineberatung bietet ihnen die Möglichkeit, Unterstützung und Orientierung bei der Planung ihres Studiums zu erhalten, Fragen zu klären und sich auszutauschen.
Menschen, die in ländlichen Gebieten oder abgelegenen Regionen leben, haben möglicherweise begrenzten Zugang zu Bildungs- und Beratungsangeboten. Die Onlineberatung ermöglicht es ihnen, unabhängig von ihrem Standort auf qualitativ hochwertige Beratung zuzugreifen.
Menschen mit körperlichen Einschränkungen können Schwierigkeiten haben, an einer Präsenzberatung teilzunehmen. Die Onlineberatung bietet ihnen die Möglichkeit, von zu Hause aus auf Beratungsangebote zuzugreifen und ihre Bildungsziele zu verfolgen.
Manche Menschen fühlen sich unwohl oder schämen sich, persönlich mit einem Beratenden über ihre Bildungsbedürfnisse oder -probleme zu sprechen und meiden daher Präsenzberatungen. Die Onlineberatung bietet hier bildungsfernen Zielgruppen eine anonyme und diskrete Möglichkeit, Unterstützung zu erhalten, um ihre Fragen zu klären.
Onlineberatung erfordert eine Internetverbindung und den Zugang zu einem Computer, Tablet oder Smartphone. Personen, die keinen oder einen eingeschränkten Zugang zu diesen Technologien haben oder Schwierigkeiten haben, sie zu bedienen, profitieren nicht von der Onlineberatung. Personen mit geringer digitaler Kompetenz, die wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Technologien haben oder sich in Onlineumgebungen nur eingeschränkt zurechtzufinden, könnten Schwierigkeiten haben, die Onlineberatung effektiv zu nutzen. In solchen Fällen kann eine persönliche Beratung oder eine alternative Form der Unterstützung besser geeignet sein. Manche Menschen bevorzugen den persönlichen Kontakt und die direkte Interaktion mit einem Beratenden. Für solche Personen kann eine persönliche Beratung vor Ort besser geeignet sein.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Eignung von Onlineberatung für bestimmte Zielgruppen von verschiedenen Faktoren abhängt und individuell bewertet werden sollte. In einigen Fällen kann eine Kombination aus Online- und persönlicher Beratung die beste Lösung sein, um den Bedürfnissen einer/s Ratsuchenden gerecht zu werden.
Mehrere Trends sind in der Onlineberatung für Erwachsenenbildung zu beobachten:
Mit der zunehmenden Verbreitung von Smartphones und Tablets wird die mobile Beratung immer beliebter. Beratende können über mobile Apps oder responsive Websites Beratungsdienste anbieten, die es ermöglichen, von überall aus auf die Beratung zuzugreifen.
VR- und AR-Technologien bieten immersive Erfahrungen, die in der Beratung genutzt werden können. Beratende können virtuelle Umgebungen schaffen, in denen sie zusammen mit den Ratsuchenden bestimmte Fähigkeiten oder Szenarien üben können. Dies ermöglicht eine interaktive und praxisnahe Beratung.
Gamification-Elemente werden in die Onlineberatung integriert, um die Motivation und das Engagement bei den Ratsuchenden zu wecken bzw. zu steigern.
Beratende nutzen vermehrt soziale Medien und Onlinecommunitys, um mit potenziellen Ratsuchenden in Kontakt zu treten und ihnen Unterstützung anzubieten. Diese Plattformen ermöglichen den Austausch von Informationen, die Vernetzung mit anderen und die Teilnahme an Diskussionen und Gruppenaktivitäten.
Künstliche Intelligenz (KI)-Technologien wie Chatbots werden in der Onlineberatung eingesetzt, um grundlegende Fragen zu beantworten und bei der Navigation durch die verschiedenen Bildungsangebote zu unterstützen. KI kann zur Analyse von Daten verwendet werden, um personalisierte Empfehlungen und Ressourcen bereitzustellen.
Im Rahmen der KI sind beispielsweise Chatbots eine weitere neue Form der Onlineberatung, bei der ein automatisiertes System Fragen beantwortet und Ratschläge gibt. Hierbei erlaubt ein textbasiertes Dialogsystem, das Chatten mit einem technischen System. Der Chatbot hat je einen Bereich zur Textein- und -ausgabe, über die sich in natürlicher Sprache mit dem System kommunizieren lässt. Ein fortschrittlicher Chatbot des kalifornischen KI-Forschungslabors OpenAI, der menschenähnlich kommuniziert, ist ChatGPT (GPT steht für „Generative Pretrained Transformer“).
Woher kommen die Daten von ChatGPT? Die Daten, mit denen ChatGPT trainiert wird, stammen maßgeblich aus dem Internet. Diese umfassen eine Vielzahl von Texten, darunter Websites, Bücher und wissenschaftliche Publikationen.1
Diese Form der Beratung ist rund um die Uhr verfügbar und soll eine schnelle und effiziente Unterstützung bieten. Allerdings kann sie nicht die persönliche Interaktion und das Einfühlungsvermögen einer/s menschlichen Beratenden ersetzen, um auf das interessensensible Anliegen einer/s Ratsuchenden einzugehen.
Tatsächlich kann eine KI-Unterstützung simultan während einer laufenden Beratung dazu beitragen, spontan alternative Lösungswege zu recherchieren und vorzuschlagen, die dann von dem Beratenden vor der Teilung mit dem Ratsuchenden entsprechend bewertet und geprüft werden sollten. Seitens der/s Beratenden gilt es stets zu beachten, dass KI nur so gut wie die zugehörige Datenbank im Hintergrund sein kann, auf der diese KI basiert. Auch sollte man in Betracht ziehen, dass KI-fähige Technologien den Kontext nicht verstehen können oder in ungewöhnlichen Beratungssituationen abstrakte Urteile fällen. Des Weiteren sollte der Beratende bei der Nutzung von KI während eines Beratungsfalls ethische und moralische Gesichtspunkte im Blick haben.
Onlineberatung und neue Formate in der Weiterbildungsberatung haben viele Gesichter. Sie arbeiten mit Sprache, Schrift oder Bild. Sie finden synchron oder zeitverzögert asynchron statt. Damit sind unterschiedliche Grade an Anonymität und Sichtbarkeit – vielleicht auch Authentizität – verbunden. Berater*innen berichten beispielsweise aus der textbasierten Onlineberatung von einer größeren Offenheit seitens der Ratsuchenden. Wer gerne anonym bleibt, kann das online leichter tun. Einen großen Vorteil haben alle Formen der Onlineberatung gemeinsam: nämlich die örtliche und zeitliche Flexibilität. Man ist nicht mehr von einer Beratungsstelle mit den richtigen Öffnungszeiten in der Nähe abhängig. Das kann im ländlichen Raum wichtig sein oder bei Auslandsaufenthalten, Krankenständen, Betreuungspflichten etc. Es ist wichtig zu beachten, dass die neuen digitalen Formate von Beratung in der Erwachsenenbildung neben einer Vielzahl an Vorteilen auch Nachteile für bestimmte Zielgruppen haben können. Während sie Flexibilität und Zugänglichkeit bieten, können sie auch die persönliche Interaktion und den sozialen Aspekt einschränken. Es ist daher wichtig, die interessensensiblen Bedürfnisse der Ratsuchenden zu berücksichtigen und die verschiedenen Formate entsprechend interaktiv einzusetzen. Weiterbildung ermöglicht allen Interessierten lebensbegleitend für Beruf und Freizeit selbstbestimmt und individuell zu lernen, Grundbildung und Schulabschlüsse nachzuholen oder sich in der beruflichen Phase, in der Karriereplanung sowie in der Nacherwerbsphase weiterzuentwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, dieses auch wesentlich mitzubestimmen. Hierbei eröffnet die Weiterbildungsberatung den vielschichtigen Zielgruppen über eine Vielfalt an digitalen Beratungsformaten zunehmend den Zugang zur Weiterbildung in all ihren Facetten, trägt somit zu mehr Chancengleichheit und damit zu mehr Bildungsgerechtigkeit bei. Insofern gilt: Gute Bildung für alle setzt gute niederschwellige Bildungsberatung für alle voraus. Denn: Eine niederschwellige Erst- und Orientierungsberatung trägt maßgeblich zur Vertrauensbildung bei. Eine intensive Vernetzung zwischen den verschiedenen Weiterbildungsberatungsstellen ist unabdingbar. Die unterschiedlichen Beratungsstellen haben verschiedene Beratungsschwerpunkte, ergänzen sich dadurch und können jeweils in ihren verschiedenen Beratungsformaten aufeinander verweisen. Es braucht also dauerhaft solche Beratungsmöglichkeiten zur Identifikation von Potenzialen, um Menschen zu begleiten und in Weiterbildung und Arbeit zu bringen und zu halten – gerade auch mit Blick auf die steigende Problematik des Fachkräftemangels.
Beisch, N. & Koch W. (2022). ARD/ZDF-Onlinestudie: Vier von fünf Personen in Deutschland nutzen täglich das Internet. In Media Perspektiven, 52(10), 460–470.
Regine Zizelmann, Leiterin der Koordinationsstelle des Landesnetzwerks Weiterbildungsberatung Baden-Württemberg
Dieser Beitrag wurde nach der qualitativen Prüfung durch die Redaktionskonferenz am 24.08.2023 zur Veröffentlichung angenommen.
This article was accepted for publication following the editorial meeting on the 24th August 2023.